Kommentar: Die Akzeptanz von Alternativen Proteinen, von Thomas Vogelsang, Geschäftsführer, Bundesverband der Deutschen Fleischwarenindustrie e.V.

Fleisch ist für die Menschheit ein wesentlicher und besonders hochwertiger Bestandteil einer gesunden und ausgewogenen Ernährung. Insbesondere in Asien steigt der Fleischkonsum derzeit noch, während die Nachfrage in Europa trotz einer gegenwärtigen Zurückhaltung bei Schweinefleisch weitgehend stabil ist. Bemerkenswert sind hier allerdings deutliche Veränderungen von Verzehrgewohnheiten wie ein stetig steigender Außer-Haus-Verzehr.
Zudem sind hier bei vielen Verbrauchern beim Einkauf auch Kriterien der landwirtschaftlichen Erzeugung wie beispielsweise Regionalität, Tierwohl oder biologische Erzeugung zunehmend wichtig. Gleichzeitig gibt es eine Gruppe von Verbrauchen, die sich alternativen Proteinquellen zuwenden. Dies mag auch Ausdruck eines nie zuvor gekannten Warenangebotes und eines großen Wohlstands der Bevölkerung in den westlichen Industrienationen sein. Zudem ist die junge Generation, die „Generation Z“, in einer Zeit aufgewachsen, in der Fleisch seine Rolle als Luxusprodukt aufgegeben hatte. Es steht den Herstellern aber nicht zu, über diese Einstellungen zu urteilen. Ihre ureigene Aufgabe ist es vielmehr, den partiellen Nachfrageänderungen der Verbraucher mit entsprechenden Angeboten nachzukommen, um sich auch langfristig weiter erfolgreich am Markt behaupten zu können.

So stellen bereits zahlreiche Unternehmen der deutschen Fleischwarenindustrie selbstverständlich auch vegetarische oder vegane Fleischersatzprodukte her. Dieser Markt entwickelt sich in Deutschland sehr dynamisch, wenn auch der Anteil dieser Erzeugnisse am Gesamtmarkt noch gering ist. Ob plant-based-Food, In- Vitro-Fleisch oder Insekten als Grundlage für Fleischersatzprodukte langfristig erfolgreich sein werden, bleibt dagegen abzuwarten. Zumindest in Europa sind die Verfahren noch weitgehend unbekannt, und man steht dieser Technologie eher skeptisch gegenüber. Die Ablehnung von Gentechnik in Lebensmitteln und die trotz der Gefahr einer lebensbedrohlichen COVID-Infektion sehr verhaltene Impfbereitschaft sind Beispiele für die Zurückhaltung vieler Menschen gegenüber Technologien, die ihnen fremd sind – insbesondere wenn es um die Aufnahme von Substanzen in den eigenen Körper geht. Zudem liegt die große Beliebtheit von Fleisch tief in den archaischen menschlichen Emotionen verwurzelt. Ob technische Alternativen einen vergleichbaren emotionalen Stellenwert aufbauen können, ist gegenwärtig völlig offen.

Vor dem Hintergrund des aktuellen Pandemiegeschehens haben sich die Verzehrgewohnheiten zwangsweise in die private Küche verlagert, weil Restaurants und Schulen geschlossen haben und Großveranstaltungen nicht stattfinden. Im Lockdown mögen viele Menschen das Kochen und Backen für sich entdeckt haben und dadurch Lebensmittel künftig mit mehr Wertschätzung begegnen. Verzehrgewohnheiten sind jedoch seit der Kindheit tief geprägt und verändern sich bemerkenswert wenig. Es ist deshalb davon auszugehen, dass sich die Situation nach der Corona-Pandemie wieder schnell normalisiert. Es müssen ja auch wieder viele gemütliche Grillabende mit den Freunden nachgeholt werden.

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